Was passiert, wenn wir verdursten?
von Mona El Attar
Vor allem unter extremen Bedingungen leidet der Körper schnell unter gravierenden Wasserentzugserscheinungen. Bereits ein kleines Defizit reicht aus, dass einzelne Körperfunktionen erlahmen. Quelle: https://unsplash.com | Autor: Vlad Tchompalov
Der menschliche Körper verliert täglich etwa 2,5 Liter Flüssigkeit über Schweiß, Atem, Urin und Stuhl. Etwa einen Liter nehmen wir über die Nahrung auf. Die restlichen etwa 1,5 Liter müssen wir mit einer ausreichenden Flüssigkeitszufuhr ausgleichen. Was aber passiert, wenn wir im stressigen Alltag das Trinken vergessen? Oder wir extremen Situationen ausgeliefert sind, in denen wir keinen Zugriff auf sauberes Trinkwasser haben?
Wasser ist essenziell für die Aufrechterhaltung der Herzkreislauffunktion und des Verdauungssystems. Da es ein ausgezeichnetes Lösungsmittel ist, dient es als Transportmedium für Nährstoffe und Abbauprodukte, wie Mineralien und Salze. Zudem benötigt unser Körper Wasser für die Wärmeregulation. Ist es ihm zu heiß, sondert er Schweiß aus, der als Kühlmittel für unsere Haut fungiert. Jede Zelle in unserem Organismus besteht aus Wasser. Es gewährleistet nicht nur deren Versorgung mit essenziellen Nährstoffen, sondern ist auch an den meisten biochemischen Prozessen im Zellinneren beteiligt. Kurz gesagt: Ohne Wasser kann unser Körper nicht funktionieren. Was passiert, wenn die Flüssigkeitszufuhr ausbleibt?
Das Problem mit der Speicherung
Unser Körper ist in der Lage, Energie in Form von Fett zu speichern. Daher kommen wir in Extremsituationen mehrere Wochen ohne Essen aus. Wie lang genau, darüber streiten die Experten. Angaben aus Beobachtungen und persönlichen Berichten schwanken im Mittel zwischen 30 und 90 Tagen. Einigkeit herrscht jedoch darüber, dass verschiedene Faktoren beeinflussen, wann der Hungertod letztlich eintritt. Zu diesen gehört unter anderem die Ausgangskörpermasse. Ausreichende Fettreserven sind hier von Vorteil. Auch der Stoffwechseltyp spielt eine Rolle.
Warum überleben wir dann nur etwa drei Tage, ohne zu trinken? Ist im Fett nicht auch Wasser gespeichert? Ganz so einfach ist es nicht: Je höher der Fettanteil im menschlichen oder tierischen Körper, desto niedriger ist der Anteil an Wasser darin. Körperfett besteht durchschnittlich nur zu 25 Prozent aus Wasser. Bei Muskelgewebe sind es dagegen ganze 75 Prozent. Insgesamt liegt der Wasseranteil im menschlichen Körper im Schnitt bei 70 Prozent, wobei er bei Säuglingen höher und bei älteren Menschen niedriger anzusiedeln ist. Doch jeder einzelne Tropfen Wasser wird benötigt, um die Körperfunktionen aufrechtzuerhalten. Sie stehen uns also nur im geringen Maß zur Verfügung, sollten wir einmal länger ohne Wasser auskommen müssen.
Während ein Kamel dank vieler körpereigener Strategien auch ohne Trinken länger überleben kann als ein Mensch, ist eine langfristige Wasserspeicherung im menschlichen Organismus nicht vorgesehen. Für den Menschen sind bereits zehn Prozent Wasserverlust des Körpers lebensgefährlich. Ein Kamel kann 40 Prozent verlieren, ohne Schaden zu nehmen. Alles, was der Mensch an Flüssigkeit über Haut, Atem und Verdauungssystem ausscheidet, muss dem Körper in gleichem Maß wieder zugeführt werden. Passiert das nicht, hat das schwerwiegende Konsequenzen.
Gravierende Folgen schon bei leichter Dehydrierung
Ein Durstgefühl entsteht bei einem Flüssigkeitsdefizit von etwa einem halben Prozent. Ab einem Mangel von 1,5 Prozent sind laut einer Studie der Universität von Connecticut (USA) die Konzentrationsfähigkeit und das Lernvermögen stark beeinträchtigt. Negative Gefühle wie Angst, Anspannung und Müdigkeit werden verstärkt. Das macht deutlich, wie wichtig regelmäßiges Trinken auch bei geistiger Anstrengung und wie maßgeblich es für den Lernerfolg in der Schule, an Universitäten oder am Arbeitsplatz ist. Bei sportlichen Aktivitäten, während Hitzeperioden und Fiebererkrankungen ist der Flüssigkeitsbedarf zusätzlich erhöht, weshalb hier besonders darauf geachtet werden muss, ausreichend zu trinken.
Bei einem Wasserdefizit von fünf Prozent reagiert unser Körper mit auffälligen Mangelerscheinungen: Der Mund fühlt sich trocken an, weil die Schleimhäute nicht ausreichend mit Flüssigkeit versorgt werden. Dazu treten Symptome wie Kopfschmerzen, Müdigkeit und Konzentrationsschwäche auf, die auf eine Verdickung des Blutes zurückzuführen sind. Die Haut trocknet aus, verliert an Spannkraft und die Schweißproduktion ist gehemmt.

Der Wasserhaushalt von Säuglingen ist sehr sensibel: Schon ab einem Flüssigkeitsverlust von fünf Prozent des Körpergewichts drohen Dehydrierungs- und Austrocknungserscheinungen. Quelle: https://pixabay.com | Autor: NadineDoerle
Exsikkose durch Nierenversagen
Diese Anzeichen eines Defizits im Wasserhaushalt sind eindeutige Warnsignale des Körpers, die wir niemals ignorieren sollten. Andernfalls drohen weitere Konsequenzen. Das zentrale Organ im menschlichen Wasserzyklus sind die Nieren. Sie regulieren unter anderem den Elektrolythaushalt und sind für die Ausscheidung von Gift- und Abfallstoffen aus dem Zellstoffwechsel verantwortlich. Überschüssige Flüssigkeit wird in Harn umgewandelt und aus dem Körper transportiert.
Die Urinproduktion wird von den Nieren bei Flüssigkeitsmangel im Körper sofort herabgesetzt. Der Urin riecht nun strenger und ist dunkel gefärbt. In einem zweiten Schritt wird der Blutdruck heruntergefahren, was zur Bewusstlosigkeit führen kann. Wird in diesem Stadium der Exsikkose, so der Fachbegriff für die Austrocknung des Körpers aufgrund von Flüssigkeitsmangel, noch immer keine Flüssigkeit zugeführt, kappen sich die Nieren von der Blutversorgung ab. Es kommt zu einem Nierenversagen.
Faktisch verdurstet der Mensch nicht. Es sind die im Körper verbleibenden Abbauprodukte, die ihn förmlich vergiften. Die Folge ist ein Multiorganversagen. Betroffene fallen ins Koma. Schlimmstenfalls droht der Tod. Überschreitet man ein Gesamtwasserdefizit um nur drei Prozent, braucht der Körper 24 Stunden, bis er wieder zu seinem normalen Arbeitsrhythmus zurückfindet. Es hilft also nichts, wenn man viel in kurzer Zeit trinkt und dann lange gar nichts mehr. Die Regelmäßigkeit gibt hier den Ausschlag.
Die Wasserbilanz
Hinter der Ermahnung, täglich genug zu trinken, steckt mehr als eine Empfehlung. Die Folgen einer schweren Dehydrierung führen vor Augen, wie wichtig es ist, dem Körper regelmäßig Flüssigkeit zuzuführen. Selbst ein geringes Defizit im Wasserhaushalt führt dazu, dass unser Organismus nicht mehr die volle Leistung bringen kann. Daher sollten wir unbedingt auf die Signale hören, die uns der Körper sendet. Sie zu verstehen, ist ein wichtiger Schritt dahin.
Quellen:
- https://www.ksta.de/wichtige-naehrstoffe-warum-wasser-so-wichtig-fuer-die-zelle-ist-12967652
- https://projekte.meine-verbraucherzentrale.de/DE-BY/wieviel-wasser-sollte-man-am-tag-trinken-
- https://www.welt.de/gesundheit/article143528694/Das-passiert-im-Koerper-wenn-wir-verdursten.html
- https://www.spektrum.de/frage/wie-lange-kann-ein-mensch-ohne-zu-essen-ueberleben/1372304
- https://www.onmeda.de/ernaehrung/wasserhaushalt_koerper-funktion-des-wassers-2333-2.html
- https://www.trinken-im-unterricht.de/gesundes-trinken/wissenschaftliche-studien/
- https://www.daserste.de/information/wissen-kultur/wissen-vor-acht-natur/sendung/wissen-vor-acht-natur-356.html
- https://vidagesund.de/wasseranteil/#targetText=Das%20liegt%20daran%2C%20dass%20Muskelgewebe,Speichel%20liegt%20sogar%20noch%20dar%C3%BCber.
- https://www.ugb.de/ernaehrungsplan-praevention/durst-trinken/
- https://www.waterlogic.de/infocenter/was-passiert-wenn-man-zu- wenig-trinkt/